Sonntag, 18. August 2013

Yoko Ogawa. Schwimmen mit Elefanten. Aus dem Japanischen von Sabine Mangold


Am Anfang des Romans hat er noch keinen Namen, er ist einfach nur "der Junge".
Schon in früher Kindheit entwickelt er eine Leidenschaft für Schach und beschließt mit elf Jahren, nicht mehr zu wachsen. Ausgelöst durch zwei Geschehnisse in seiner Kindheit, ist er besessen von der Tragödie um das Größerwerden. Allein der Gedanke daran, zieht ihn in einen Sumpf aus Angst.

Da ist Indira, das Elefantenmädchen. Einst als Baby und zu Zwecken der Attraktion auf das Dach eines Kaufhauses transportiert, sollte Indira irgendwann für immer in den Zoo. Mittlerweile war Indira aber zu groß für den Fahrstuhl und musste bis ans Ende ihrer Tage auf dem Dach des Kaufhauses leben. Vier Kuhlen im Betonboden und eine Fußfessel zeugen von ihrem tristen Leben.
Für den Jungen eine traumatische Kindheitserfahrung.
Und dann ist da noch der dicke Mann. Leidenschaftlicher Schachspieler, lebt in einem ausrangierten Bus. Von ihm lernt der Junge die Eleganz und Raffinesse des Schachs. Der dicke Mann lehrt ihn, dass es mehr darum geht, die Schönheit des Spiels zu genießen, als den König des Gegners in die Enge zu treiben. Zeit seines Lebens wird ihn der Spruch seines Meisters "Nicht so hastig, mein Junge" begleiten -
Doch sein Meister, der auch eine Leidenschaft für Süßes und Kuchen aller Art hat, wird dicker und dicker.
Kaum verlässt er noch seinen Bus, in welchem er mit seinem Kater Pawn lebt.
Interessant an dem Roman finde ich, dass ein zweites Tier auftaucht, welches einen Namen trägt. Der Meister und der Junge bleiben namenlos.
Passenderweise ist Pawn schwarz-weiß gefleckt wie der Tisch daneben mit den schwarz-weißen Quadraten. Beide bilden eine harmonische und untrennbare Einheit. Jahrelang verbindet die drei eine tiefe Freundschaft.
Ein tragisches Ereignis jedoch wird die Angst des Jungen, groß zu werden, verstärken. Ein Ereignis, an welches er sich sein ganzes Leben erinnern wird.

Er wird andere Orte erleben, an denen er aber eines immer und immer wieder tut: Schachspielen. Mittlerweile ist er berühmt als der kleine Aljechin (inspiriert von Alexander Aljechin, dem berühmten französisch-russischen Schachspieler) und tritt, versteckt in einem Schachautomaten, gegen die unterschiedlichsten Gegner an. Und dann ist da auch noch das Mädchen Miira....
Ein melancholisches, zartes Mädchen, das die Notationen zu jedem Spiel des kleinen Aljechin aufschreibt.
Der Junge ist ein stiller Liebender und so sind es oft nur ganz versteckte, aber umso tiefer berührende Momente, in denen seine tiefe Liebe zu Miira zum Ausdruck kommt. Etwa, wenn er sie unter vielen anderen weiß Gekleideten zu finden hofft und sie schließlich erkennt an dem unverwechselbaren Schatten ihrer traurig gesenkten Wimpern (S.196).

So ist "Schwimmen mit Elefanten" nicht nur Schach- sondern auch wunderschöner Liebesroman.
Wie in den Romanen von Haruki Murakami begegnen einem beim Lesen skurrile Charaktere in außergewöhnlichen Situationen. Traum und Realität vermischen sich leise und elegant miteinander.

Bin fasziniert, tief berührt und sehr begeistert.
Eine außergewöhnliche Geschichte über einen ganz besonderen Jungen.

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